Ausssprache mit bester Freundin

      Ausssprache mit bester Freundin

      Hallo Forum,

      ich brauch mal wieder ein paar Tipps oder Ideen von euch.

      Es geht um meine beste Freundin. Wir sehen uns nur ein paar Mal im Jahr, da wir in unterschiedlichen Städten wohnen. Ich mag sie sehr gern und wir können eigentlich auch über sehr vieles reden. Wir kennen uns schon länger, sie hat viele meiner schwierigen Phasen mitbekommen und ich viele ihrer. Wir hatten bis ca. Jahresbeginn auch eine (aus meiner Sicht) sehr gute Kommunikation. Das hat sich meinerseits aber stark geändert. Ich mag sie genauso wie früher, aber irgendwie entferne ich mich immer mehr von ihr. Relevante Dinge in meinem Leben erzähle ich ihr nicht mehr bzw. erst Wochen oder Monate später. Es ist nicht so, dass ich nicht will, ich kann es einfach nicht. Zum einen mag das daran liegen, dass ich generell weniger von mir nach außen preisgebe. Zum anderen ist es...ich weiß nicht...Scham? Angst? Sie ist in ihrem Studium und auch was soziale Kontakte angeht (auch wenn sie das nicht so sieht) sehr erfolgreich. Ich schäme mich, ihr von meinen Probleme im Studium zu berichten, weil sie so dämlich und lächerlich sind. Und ich kann auch nicht darüber reden, wenn es mir mal schlecht geht. Die letzten Monate war das Thema Essen z.B. fast durchgängig die Hölle für mich. Außerhalb des Internets weiß davon niemand, zumindest nicht mehr als "Essen ist gerade schwierig". Ich habe oft dagesessen und geheult und wollte einfach nur mein Herz ausschütten und sobald ich sie angerufen hab, war da die totale Blockade.
      Ich merke aber immer dringender, dass ich mit ihr reden muss wenn ich diese Freundschaft nicht auf ein oberflächliches Niveau bringen will. Damit meine ich nicht, dass ich all meine Probleme bei ihr abladen will, aber dass ich zumindest wieder ehrlich sein kann und sie nicht anlüge. Ich muss dazu sagen, sie machts mir auch nicht leicht. Sie ist weiß Gott kein egoistischer oder egozentrischer Mensch, aber wir reden meist über sie (auch, weil ich immer schnell von mir ablenke). Aber es kommen von ihr auch kaum Fragen, ich habe das Gefühl, dass das früher anders war. Also z.B. wenn ich mich wo bewerbe ob ich schon eine Rückmeldung bekommen habe. Oder dass sie mal nachhakt, wie es mir geht (sie weiß, dass ich vor ein paar Monaten wieder mit Medis anfangen musste, weil nichts mehr ging). Das klingt jetzt total nach Vorwürfen, aber das meine ich nicht. Ich will ihr auch keine Schuld geben, will ihr keine Vorwürfe machen. Ich will einfach nur sagen, was in den letzten Monaten so los war und wie es mir damit geht, wenn sie mir ihr Herz ausschüttet. Ich höre ihr gerne zu und ich helfe, tröste und unterstütze sie auch gerne, wenn es ihr schlecht geht. Aber bei manchen ihrer Probleme frage ich mich, ob sie das unbedingt mir erzählen muss. Ich versteh ja, dass es für sie schlimm ist, wenn sie mal schlechter als eine 2 ist. Aber was soll ich denn dann sagen, im ersten Studiengang zwangsexmatrikuliert und jetzt nicht in der Lage, auch nur zur Hälfte das Semestersolls zu erfüllen? Ich mache ihr da keinen Vorwurf, sie weiß ja nicht, wie es mir damit geht. Ich muss es ihr aber sagen, sonst werde ich irgendwann nicht mehr nur verl*tzt sondern wütend auf sie sein oder werde meine Beherrschung verlieren, sie anschreien und beleidigen und das ist das letzte, was ich will.

      Ok, das war jetzt viel Text zur Situation. Mir ist klar, dass ich mit ihr reden muss. Ich weiß nur nicht, wie ich meine Angst überwinden kann. Und vor allem nicht, wie ich ihr klar machen kann, dass das nicht ihre Schuld ist, dass ich ihr keine Vorwürfe mache, weil sie ja nichts falsch gemacht hat. Sie nimmt Dinge manchmal etwas zu persönlich. Ich will ja auch nicht, dass sie mir nicht mehr von ihren Problemen erzählt, nur, dass sie halt manchmal vielleicht etwas sensibler dabei ist. Ich wäre froh, wenn ihr dazu Ideen oder Tipps habt.

      Danke fürs Lesen,

      liebe Grüße.
      Vielleicht hilft es ja schon, wenn du sie vorsichtig darauf ansprichst, dass es dir mit den Themen, die sie gerade anschneidet, nicht so gut geht. Dass es nichts persönliches ist, aber sie sich eventuell ein wenig zurück halten möge. Dass du dich zwar für sie freust, wenn alles glatt läuft, aber auch für sie da bist, wenn es ihr schlecht geht. Dass du aber gerne auch deine Probleme zur Sprache bringen möchtest und von ihr genauso gern Verständnis und Fürsorge haben möchtest.
      Ich hoffe, dass dich das schon mal ein wenig weiter bringt.
      Liebe Grüße,
      Type0positive
      Gemeinsam und gegenseitig erklärt ihr euch diese Welt.
      Solange bis es passt,
      dreht Ihr euch um euch selbst.

      - Broilers - Ruby Light&Dark

      Liebe Fylgja,

      dass der Knackpunkt ist, dass Du Dinge ansprechen musst, sehe ich auch so. Denn sie kann ja nicht wissen, was los ist, wenn sie keine Reaktion bekommt. So würde ich auch die Tatsache, dass sie weniger nachfragt einsortieren. Meistens entsteht so ein Ungleichgewicht meiner Erfahrung danach dann, wenn jemand (zum Beispiel durch von sich ablenken) signalisiert, dass er nicht so sehr darüber reden möchte. Ich bin auch nicht der Mensch, der nachhakt, wenn er nicht das Gefühl hat, dass die andere Person einem entsprechende "lose Fäden" anbietet.

      Dass Du Dich schämst, weil Dir Deine Probleme zu lächerlich erscheinen, würde ich an Deiner Stelle auch nochmal intensiver betrachten. Woran genau kann das liegen? Hast Du nicht genug Vertrauen zu ihr? Oder ist es wirklich, dass es Dir grundsätzlich zu lächerlich erscheint? Und wenn ja im Verhältnis zu was? Ist das etwas was bei Dir liegt oder ist es, weil Du Dich mit ihr vergleichst?

      Ich will einfach nur sagen, was in den letzten Monaten so los war und wie es mir damit geht, wenn sie mir ihr Herz ausschüttet. Ich höre ihr gerne zu und ich helfe, tröste und unterstütze sie auch gerne, wenn es ihr schlecht geht. Aber bei manchen ihrer Probleme frage ich mich, ob sie das unbedingt mir erzählen muss. Ich versteh ja, dass es für sie schlimm ist, wenn sie mal schlechter als eine 2 ist. Aber was soll ich denn dann sagen, im ersten Studiengang zwangsexmatrikuliert und jetzt nicht in der Lage, auch nur zur Hälfte das Semestersolls zu erfüllen?


      Ich kann Deine Situation verstehen, wenn ich auch nicht mit einer engen Freundin in so einer Situation steckte. Und ich kann aber auch sie verstehen. Das Problem liegt ja da, dass jeder aus seiner Sicht eben unter etwas leidet und man das überhaupt nicht vergleichen kann, jeder aber dazu neigt zu vergleichen.
      Wovon ich allerdings abraten würde, wäre so Sachen auszusprechen wie "Halte Dich bitte bei diesem Thema etwas zurück". Mich persönlich würde so ein Satz sehr hemmen und das Gegenüber landet sehr schnell bei dem Gefühl, dass Kommunikation anstrengend wird, weil man "immer aufpassen muss, was man sagt". Besser wäre es, wenn man das anders vermitteln kann. Vielleicht eben auch über Sätze wie "Ich verstehe ja, dass es für Dich schwer zu verkraften ist, aber aktuell schlägt mir das Thema sehr auf's Gemüt, weil ich damit gerade viele Probleme habe." Was dann auch an sie eine Aufforderung sein könnte doch nachzufragen, welche Probelem genau es sind. Klappt vielleicht nicht, aber es ist wenigstens "offen", anders als ein "halte Dich bitte zurück". Ich meine nicht, dass Du so etwas sagen musst oder das Gespräch so verlaufen muss, aber als Beispiel, wie ich das mit dem "Vermitteln" meine, taugt es vielleicht. Besser es ergibt sich ein Gespräch, als so einen Satz dahin zu stellen, mit dem sie vielleicht dann überfordert ist. (Auch wenn man den nett einbettet, steht er doch irgendwo für sich, weil er schon eine recht krasse Aufforderung enthält.)

      Um die Angst etwas zu überwinden, wie wäre es mit einem Brief? Gerade wenn sie sich schnell angegriffen fühlt. Dann kannst Du genau überlegen, was Du wie sagen möchtest. Ich würde es dann so anfangen, dass es Dir aktuell sehr schwer fällt wirklich über Deine Probleme zu reden und dass Du deswegen vieles zum Beispiel gar nicht ansprichst von Dir aus, dass es aber hilfreich wäre, wenn sie mal nachhakt. So legst Du den Fokus auf Dein Problem etwas anzusprechen und nicht auf "Dein Verhalten löst bei mir ... aus". Kann man natürlich auch bei einem Telefonat so machen, wenn Du einen Moment erwischst, der Dir dafür günstig scheint.
      Dass sie sensibler sein könnte, würde ich erstmal weglassen. Wenn sie grundsätzlich ein Mensch ist, der sensible Antennen hat, ergibt sich das vielleicht auch automatisch, wenn Du ihr berichtest, wie es Dir geht. Das würde ich dann nur für den Fall, dass sie nicht von selbst drau kommt ansprechen und nicht gleich.

      Aber das wäre auch nur, wie ich versuchen würde es zu lösen. Ich habe nämlich bei solchen Sachen eher das Problem, dass ich dann mal allen Mut zusammennehme und etwas anspreche, aber gleichzeitig dabei auch sehr patzig werde, weil ich aus Vorsicht schonmal alle Schutzschilde hochfahre und dem Gegenüber quasi gar nicht die Gelegenheit gebe, dass sich die Sache wie ein ganz normales Gespräch entwickeln kann, sondern mit meinem gesammelten "Mängelkatalog" um die Ecke komme. Und der andere steht dann verdutzt da und denkt nur "Aber es war doch bis eben alles in Ordnung?!".


      Hm, das war jetzt sehr lang aber ich hoffe ich habe das ein oder andere sinnvolle gesagt. Wobei, wie gesagt, auch alles eben (logischerweise) aus meiner Perspektive ist.

      Lieber Gruß
      i.
      Zunächst mal: Danke für eure Antworten ihr beiden.

      @Typeopositive
      Ich denke, dass ich damit einsteigen werde, dass ich ein Problem zur Sprache bringen werden. Mal sehen. Und dass ich ihr sage, dass ich mich trotzdem für sie freue, wenn es bei ihr so gut läuft, ist ein wichtiger Gedanke den ich nciht vergessen darf!

      @klirr
      Ich antworte mal etwas kürzer, hoffe, es ist ok. Ich kann viel aus deinem Beitrag mitnehmen, aber gerade nicht viel dazu sagen.
      Ja, ich verlgeiche mich mit ihr, deswegen kommen mir meine Probleme irgendwie lächerlich vor bzw. vielleicht sind sie mir einfach nur peinlich, weil sie solche Probleme nicht bzw. selten hat.
      Danke für den Tipp, es nicht als Aufforderung zu formulieren. Vielleicht sag ich ihr erstmal gar nicht, wie es für mich ist, wenn sie über gewisse Themen spricht, sondern sag einfach nur, dass es mir bei dem Thema schlecht geht ohne das irgendwie in bezug auf sie zu setzen. Ich denke, sie wird dann automatisch vorsichtiger sein bzw. das ist dann eine gesprächsgrundlage.
      Brief hab ich mir auch kurz überlegt, will es aber lieber persönlich machen. Ich hab Angst, dass dann Missverständnisse entstehen, die man bei einem gespräch schneller ausräumen kann. Und so lange, wie wir uns schon kennen, hätte ich das Gefühl, sie mit dem Brief aus dem Nichts zu überfallen.

      Puh, ich werd wohl die Tage einfach meinen Mut zusammennehmen. Fahr morgen auch nach Hause, im sicheren "Nest" fällt mir das vielleicht leichter.

      liebe Grüße
      Fylgja
      Hallo,

      Vielleicht sag ich ihr erstmal gar nicht, wie es für mich ist, wenn sie über gewisse Themen spricht, sondern sag einfach nur, dass es mir bei dem Thema schlecht geht ohne das irgendwie in bezug auf sie zu setzen. Ich denke, sie wird dann automatisch vorsichtiger sein bzw. das ist dann eine gesprächsgrundlage.


      Das klingt doch gut.

      Das, was gegen einen Brief spricht, stimmt auch. Das ist die negative Seite, die ich so auch schonmal erlebt habe. Nicht ansich das "überfallen", sondern, dass aus einem Brief auch ein Schlagabtausch entstehen kann, der letztlich tatsächlich zum Bruch geführt hat, wo ein direktes Gespräch das vielleicht nicht getan hätte oder zumindest nicht so schnell oder auf die Art und Weise. (Manchmal vergesse ich das allerdings, dass das Briefe schreiben für solche Zwecke zwei Seiten hat.)

      Und ich wünsche Dir für das Gespräch dann allen Mut und tja, was sagt man da... viel Erfolg?

      Liebe Grüße
      Huhu Fylgja,

      ich verstehe deine Situation total gut.
      Auch ich habe mich von einer Freundin ein wenig entfernt. Wir reden auch nicht mehr ganz so oft.
      Dein Beitrag hat mich sehr nachdenklich gemacht.

      Ein persönliches Gespräch wird sicher super sein, da man tatsächlich gleich reagieren kann.
      Berichtest du uns dann wie es war?

      Liebe Grüße,

      Dolphine
      Man kann den Wind nicht ändern, aber die Segel neu setzen.
      Hey,

      also, ich hab mich heut mal getraut, mehr als nur den üblichen "Alles ist toll"-Mist zu verzapfen. Ich hab nicht direkt gesagt, dass ich über etwas reden will oder so, hab einfach vom letzten Klassentreffen erzählt und wie es mir damit geht, dass alle so viel erfolgreicher sind als ich etc. Am Anfang hat sie nicht so reagiert, wie ich mir das gewünscht hätte. Sie hat das immer ziemlich runtergespielt indem sie meinte, dass das jedem so ginge und sie sei ja auch nicht so gut wie sie sein könnte wenn sie noch mehr lernen würde etc. Ich war erst kurz sauer (was ich natürlich nicht gezeigt habe), hab dann aber kapiert, dass sie mir damit sagen wohl sagen will, dass ich es mir nicht so zu Herzen nehmen soll. Danach haben wir nur so normal gequatscht und rumgeblödelt wie immer, was ja auch schön ist. Aber ich denke, das ist eine Grundlage, auf die ich aufbauen kann und vielleicht kann ich in den nächsten Gesprächen etwas deutlicher sagen, wie schlecht es mir in letzter Zeit mit einigen Sachen ging.
      Tja, also Fazit: Sich zu überwinden hat sich gelohnt, auch wenn ich mir vielleicht mehr erhofft hätte z.B. vor allem, dass ich mich traue, mehr und genauer zu erzählen. Aber mal sehen, wie es sich entwickelt. Jedenfalls danke für eure Hilfe. Ich hätte es wohl nicht getan, wenn ich das hier nicht angesprochen hätte und irgendwie das Gefühl gehabt hätte, das jetzt auch tun zu müssen, wenn ihr mir schon helft (verwirrende Gedankengänge, ich weiß :D )
      Danke nochmal.

      Liebe Grüße
      Fylgja