von der Klientin zur Sozialarbeiterin - Hilfe

      von der Klientin zur Sozialarbeiterin - Hilfe

      Hallo,
      ich bin auf der Suche nach Ratschlägen - vlt geht/ ging es jemanden so ähnlich wie mir.

      Vlt kurz zu meiner Vorgeschichte: seit der 4. Klasse Gymnasium hatte ich Kontakt mit den SchülerberatungslehrerInnen und habe dann mit 17 eine Therapie angefangen, weil ich mich g*r*tz habe. Ich war dann ca 1-2 Jahre regelmäßig in Therapie, bis ich dann einfach von einem Mal aufs andere Mal nicht mehr hingegangen bin. Einfach so.

      Seit dem sind jetzt 5Jahre vergangen und ich hatte letze Woche einen offiziellen Abschlusstermin mit meiner Therapeutin. Der Termin war meine Eigeninitiative.
      Mit dem r*tz*n habe ich auch nicht mehr wirklich ein Problem - außer vlt mit den N*rb*n, die stören mich ziemlich.
      Ein Grund wieso ich diesen offiziellen Abschlusstermin wollte war, dass ich immer im Kopf den Gedanken hatte, dass es noch nicht beendet ist und dieses "unrunde" Gefühl hat mich gestört, andererseits habe ich jetzt ein Masterstuidum angefangen und noch Schwierigkeiten, mich damit zu identifizieren.

      Ich studiere eine Vertiefungsrichtung Sozialer Arbeit - das Thema interessiert mich, ich finde es sehr spannend. ABER sobald das Thema in die Nähe von Psychotherapie kommt fühle ich mich immer so komisch und irgendwie fehl am Platz. (Obwohl ich mich sogar zur Zeit auch sehr für die Psychotherapieausbildung interessieren würde). Heute haben wir über die Unterschiede Psychotherapie und Psycho soziale Behandlung gesprochen und es hat sich so komisch angefühlt.

      Dadurch das ich letzte Woche den Abschlusstermin hatte und sie mir auch eine "Diagnose" gesagt hat die sie damals für sich aufgestellt hat, mir aber nie mitgeteilt hat (depressive Verstimmung = leichte bis mittlere Depression) grübel ich zur Zeit schon auch wieder mehr mit der Vergangenheit. Jetzt ist das Thema zwar offiziell beendet, aber schwirrt mir irgendwie so präsent wie lange nicht mehr durch meinen Kopf.

      Das könnte ein Grund sein, wieso mir das Thema Psychotherapie so schwer fällt. Ich weiß es aber nicht, ob es wirklich daran liegt.
      Nun meine Frage an euch ?( - kennt jemand diese Situation? Hat jemand vlt Tipps für mich, wie es mir gelingen kann, mich mit der andere Seite (also als Sozialarbeiterin statt als Klientin) zu identifizieren? ich würde das so gerne können, aber dennoch fällt es mir so schwer :crying:

      Danke fürs lesen,
      ? Fragezeichen ?
      Hallo Fragezeichen,

      ich kann dich gut verstehen. Habe 2008-2009 eine Ausbildung gehabt zur Ergotherapeutin und stand des Öfteren vor der selben Frage.
      Auf welcher Seite stehe ich? Wer bin ich eigentlich?

      Nun, es ist nicht leicht, eine Antwort für sich zu finden, aber ich hoffe, ich kann dir ein paar Tipps geben.
      Zunächst einmal möchte ich dir Mut machen.
      Nicht nur hier im Forum, auch in meinem Bekanntenkreis sind viele Menschen psychisch krank und arbeiten trotzdem im sozialen Bereich (z.B. Krankenpflege, Altenpflege, aber auch im Bereich sozialer Arbeit).

      Die wichtigste Frage für mich ist nicht, ob du krank bist ode nicht. Das sollte kein Ausschlusskriterium sein, in dem Bereich zu arbeiten.
      Aber wie gut kannst du dich von deiner Krankheit auf der Arbeit abgrenzen, und von dem was dir die Menschen erzählen?

      ... Ich habe die Ausbildung damals abgebrochen, weil mir das alles viel zu nahe ging. Ich konnte einfach nicht mehr abschalten.
      ... Aber wenn ich irgendwann stabil genug sein sollte, denke ich immer noch daran, in dem Bereich zu arbeiten und entweder Lehrerin oder Ärztin zu werden.

      Klar, ist es anfangs ein komisches Gefühl, wenn stöndig über Therapie geredet wird.. ich hatte damals immer das Gefühl, man spricht von mir...

      Ein paar Tipps für dich:
      1. Du kannst gerne zu deiner Krankheit stehen, aber im Studium solltest du nicht zuviel Persönliches von dich erzählen. Du hast die Therapie jetzt ja abgeschlossen und damit solltest du langsam das Thema ablegen. Ich weiß nicht, was dir dazu fehlt, aber vielleicht brauchst du da noch Zeit. Die Therapie ist abgeschlossen, das heißt ja, dass du etwas erreicht hast.

      2. Wenn du arbeitest oder ins Praktikum gehst, konzentriere dich auf das Hier und jetzt. Versuche nicht, an deine Vergangenheit zu denken oder zu grübeln, welche Rolle du einnimmst.
      Ganz generell, egal in welchem Job, hat man auf Arbeit eine andere Rolle als privat, wo die Krankheit relativ wenig zu suchen hat.
      Versuche also, dich auf den Moment zu konzentrieren.
      Was mir ganz gut geholfen hat, war eine Vorbereitung zu Hause auf den nächsten Arbeitstag. Ich habe mir Fragen überlegt, die ich den Patienten stellen kann, Gesprächsthemen... ich musste ja für meine Berichte auch einiges herausfinden... Auf der Arbeit selbst habe ich dann im Kopf meinen Plan gehabt und versucht, mich an die Punkte zu halten. Und vor allem im Hier und Jetzt zu bleiben. Das heißt, genau zu beobachten, was um mich herum passiert und wie sich mein Klient verhält.
      Durch das beobachten und Notizen machen stellst du dich automatisch in die Rolle des Therapeuten.

      3. Ganz wichtig war für mich, Selbstsicherheit auszustrahlen. gerade wenn du mit psychisch erkrankten Menschen arbeitest, musst du in schwierigen Situationen irgendwie handeln können. wenn du dann nur dastehst und überfordert bist, bringt dir das nicht viel. Ich konnte zum Glück in solchen Situationen den Kopf ausschalten und einfach handeln.
      Aber auch generell.
      Stell dir mal vor, dein Leben ist geradei m Aufbau und du bist dir selbst unsicher.
      Wäre es dir dann nicht auch lieber, jemand gegenüber zu sitzen, der den Eindruck macht, dass er oder sie weiß, was er tut?
      Man braucht ja Vertrauen für so eine Arbeit. Und Vertrauen kann ich nur haben wenn die Person, die mir gegenübersitzt, kompetent wirkt.

      Denk mal bitte ein wenig darüber nach.

      Liebe Grüße
      Hope.
      Der wichtigste Mensch in Deinem Leben....


      ... bist immer Du selbst.
      Hallo Fragezeichen,

      ich finde die Antwort von Hope. sehr gut und moechte nur etwas ergaenzen fuer deine akute Situation.
      Der Grund, warum du dich so seltsam fuehlst, scheint dir selbst klar zu sein. Da wird jetzt ein Thema durchgenommen, dass du bereits teilweise von der 'anderen Seite' kennst. Dieses Thema wird wahrscheinlich sehr nuechtern bearbeitet, dabei hat es eine Zeitlang einen grossen Teil deines Lebens bestimmt. Moeglicherweise hast du manchmal sogar andere Ansichten und weisst gar nicht, ob du das 'darfst'..

      Ausserdem baut sich hier (vielleicht) eine Frage bei dir auf, die dich zumindest unterbewusst beschaeftigt. Ob das Thema wirklich durch ist, ob deine Vergangenheit abgeschlossen ist.
      Ich moechte Hope. definitiv zustimmen, deine Vergangenheit nicht mit ins Studium zu bringen oder sogar in eine zukuenftige Arbeit. Aber gleichzeitig, ausserhalb, moechtest du dir sicher sein, dass da nichts mehr uebrig ist, dass mit deinem selbstinitiierten Abschlusstermin der Teil deines Lebens nicht 'beendet' und 'verloren', aber verarbeitet ist, so gut es eben geht.

      Das ist bloss eine Vermutung. Darueber brauchst du dich nicht fertig machen, du kannst zurueckblicken auf die letzten fuenf Jahre und sehen, was du erreicht, wie du dich entwickelt hast und wie du mit deinen Problemen umgegangen bist. Aber vielleicht brauchst du einfach nur dieses Gefuehl: 'Ja, ich habe es geschafft. Ich hab's durchgestanden und kann jetzt nach vorne blicken.'
      Denkanstoss. :)

      Lieben Gruss,
      Kinadai
      Waiting To Be Born
      Hallo,

      vielen Dank für eure Antworten! :)

      @hope:

      Ich würde mich zurzeit nicht (mehr) als psychisch krank bezeichnen.

      Das mit dem Arbeiten ist ein guter Einwand – vlt ist es genau das, was mir
      derzeit fehlt. Ich habe nämlich noch keine Berufserfahrung in der Sozialen Arbeit
      direkt, sehr wohl aber im sozialen Bereich.

      Vlt wäre ein Praktikum eine gute Möglichkeit um mich mehr mit dem Beruf
      identifizieren zu können.
      Von meiner Grundausbildung bin ich Lehrerin, da hab ich keine Probleme mit
      meiner Rolle.

      1. Danke für die aufmunternden Worte ;)

      2. Im Job hab ich ja leider noch keine Erfahrungen im Bereich der Sozialen
      Arbeit

      3. Ich denke, dass es mir im Job einfacher fallen würde, als nur in der
      Ausbildung



      Danke für deine Tipps – ich denke das Thema Job ist ein wichtiges und könnte
      mir auch „helfen“.

      @ Kinadai

      Danke für deine Ansichten. Ich glaube du könntest ziemlich recht haben
      damit.

      Ich werde mir eure Denkanstöße noch in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.
      Vielen Dank für eure Antworten jedenfalls!
      Ganz liebe Grüße,

      ? Fragezeichen ?