Arte - Film: Brief an mein Leben vom Freitag 13.01.2017

      Arte - Film: Brief an mein Leben vom Freitag 13.01.2017

      TV-Psychodrama von Urs Egger („Der Keiler“).

      Inhalt:
      Noch eine Konferenz, noch ein Interview, noch eine Veröffentlichung – bis Wissenschaftlerin Toni Lehmstedt (Marie Bäumer) irgendwann auf der Flughafentoilette zusammenbricht. Und weitermacht. Und wieder zusammenbricht. In der Klinik spricht Dr. Pogel (Hanns Zischler) von Burn-out. Langsam dämmert Toni, was fehlt – und warum ihr die Nähe zu ihrer großen Liebe Maria (Christina Hecke) so
      schwerfällt…
      „Brief an mein Leben“ setzt auf dem autobiografischen Buch von Miriam Meckel auf, der Lebensgefährtin von Anne Will. Urs Egger
      macht das diffuse Bild der gefährlichen Krankheit gut verstehbar.


      Aus meiner Sicht ein herausragend gemachter Film mit schwerem Thema. Es wird deutlich das Entstehen der Belastungsspirale aufgezeigt und die "übliche" Reaktion der Betroffenen: ignorieren, weitermachen, sogar sich selbst und das Bisherige in Frage stellen und noch Leistung steigern. Bis zum nächsten Zusammenbruch.

      Gut dargestellt das Eintauchen in den klinischen Alltag einer Therapie und das fast immer anzutreffende Reagieren in den ersten Wochen eines solchen Klinikaufenthaltes (meine Meinung beim ersten Aufenthalt). Auch sehr einfühlsam die szenischen Rückblicke, die einen sehr klaren (und auch keineswegs überzeichneten) Blick auf die Ursachen zeigen:
      - hier die Kindheit, ungeliebt von der Mutter, sogar mit Härte bis in den Tod der Mutter zurückgestossen;
      - die Erfahrung, dass geliebte Menschen sterben (Onkel, Freund) und das nicht Wahrnehmenkönnen von Trauer und damit auch keine Auseinandersetzung und Verarbeitung;
      - ebenso sensibel gezeichnet ihre Partnerschaft zu einer Frau, und die Zerrissenheit zwischen Persönlichem/Beziehung und Beruflichem.
      - Erlebnisse in der Therapie (Schlafentzug, Gruppen-/ Partnerübungen) und Träume lassen langsam ihre harte Fassade bröckeln.

      Bemerkenswert fand ich auch die "Dazustellung" weiterer Krankheitsbilder wie Depression, SSV, Essstörung etc. über die anderen Patienten, mit denen sie in Berührung kam, die aber nicht plakativ sondern fast schon wie natürlich wirkte.

      Herausragend fand ich zwei Szenen:
      - den Brief den der Chefpsychologe (evtl. Klinikleiter) den Patienten vorlas "An meinen Geliebten" - Zeilen, die man aus meiner Sicht erst einmal lange in sich wirken lassen muss, um ihre ganze Tragweite und Tiefe zu erfassen.
      - die Szene, in der Toni, ihren Brief an ihr Leben schreibt, mir fehlen noch die Worte zu beschreiben. Ich werde mir diese Zeilen ausdrucken. Die letztgenannte Szene ist auch Titelgeberin dieses Films.

      Das Ende des Films ist etwas offen: Toni verlässt die Klinik - ich unterstelle mal geheilt. Es werden aber auch Aussagen zu den anderen Patienten ihrer Gruppe getroffen, mit sehr unterschiedlichem Ausgang. Aus meiner Sicht entsprechen sie der harten Realität und steuern gegen ein zu "heiles" Ende dieses Films.

      Dieser Film ist äußerst sehenswert, was den Stoff als auch die schauspielerische Darstellung angeht. Kameraführung und Bildschnitt unterstreichen eindrucksvoll die Darstellung (Szenen mit dem Baum). Er ist absolut keine leichte Kost und jeder, der sich diesen Film ansehen möchte, prüfe bitte, ob er/sie stabil genug dafür ist. Insbesondere gilt dies auch gerade in Bezug auf die am Filmende getätigten Aussagen zu!!!

      lg Elfenspiegel

      P.S.: der Film ist evtl. noch einige Tage in der Arte-Mediathek verfügbar, wurde aber auch bereits von anderen Sendestationen gezeigt.

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